Mittwoch, 23. Juli 2014

Der Flug des Falken oder...heute mal was ganz anderes auf meinem Blog :-)



Der Flug des Falken

Stet und still
Von zarter Zierde
Durch Fülle entfaltet!
Mal lang, mal kurz
Mal breit, mal schmal
glatt, genoppt, gerieft, gerippt

Meine Damen und Herren, sie wissen sicher, was gemeint ist? Richtig!
Die Rede ist vom Herrensocken. Bekannteste Vertreter ihrer Art: der Rohner und der Falke.
Der Socken - österreichischer Singular von „die Socken“ im Plural. Scheu und zurückgezogen, hier unverkennbar die Nähe zu dem in Afrika und Asien beheimat-eten Hirschferkel, lat. Trigulidae,  leben Socken bevorzugt in Paaren.
Das Paar - grossgeschrieben - bezeichnet als Zahlwort zwei zusammengehörende Dinge wie Hosen oder Handschuhe.
Die Paar hingegen ist ein Nebenfluss der Donau in Bayer von rund 150 km Länge.

Es gibt Paare, die nicht nur aus wärmetechnischen  Gründen zusammen sind. Es verbindet sie ein arterhaltendes Interesse, wie es in seiner Ausprägung besonders gut beim Hirschferkel zu beobachten ist, das sich  nach jedem Wurf innert Stunden wieder befruchten lässt. Diese Dauerträchtigkeit unterscheidet es vom Menschenweibchen.
Der Homo sapiens ist generell ein Sonderfall. Er liebt die Abwechslung: Phasen von Singledasein und Paarbildung  tragen zur Vermeidung von Eintönigkeit im Leben bei.
Der Mensch vereint Hirschferkel und Handschuhe gleichzeitig in sich:
Die Paarbeziehung dient ihm zuweilen der Arterhaltung, immer jedoch dem Wärmeaustausch. Meine Damen,  wir wissen, was unser Herz höher schlagen lässt?
Ich bitte um Erlaubnis, den Herren verraten zu dürfen, was Frauen wirklich glücklich macht: Was gibt es Schöneres, als den Tag mit einem geliebten Manne zu beenden,  
den Kopf auf seiner starken Schulter, den Arm um seinen Brustkorb, immer zu einem sanftes Lächeln und einem Augenaufschlag bereit. Zarte Küsse, die Herzen schaukeln im Dreivierteltakt, während eiskalte Füsse jene Geborgenheit suchen, wie nur wohltemperierte Männerfüsse sie zu geben im Stande sind! Rührend des Mannes Zucken bei der ersten Begegnung der Fusspaare! Heldenhaft sein unterdrückter Aufschrei! Unbeschreiblich der Frauen Glück!!
Aber liebe Männer: Socken im Bett zu tragen zwecks Vermeidung des Kälteschocks ist kontraproduktiv!
Damit sind wir auch schon beim ersten von zwei Problemen angekommen. Mögen wir Frauen in schwarzen Nylonstrümpfen Eure Sinne verwirren: Der Reiz des Anblick eines Mannes in nichts als Socken ist für uns Frauen ein sehr bescheidener.
Beenden wir dieses düstere Kapitel der Menschheits- und Sockengeschichte mit den treffenden Worten des grossen Dichters F.W. Bernstein:

Zwischen Knie und Sockenrand
Ist erotisch ödes Land
Zwar ist sie schön, die Wade,
doch sie bringt nichts ---- schade!

Das zweite Problem:  Socken sind ungern Singles. Dennoch machen sich täglich einzelne Socken auf und davon. Die Wissenschaft ist ratlos. Wie Zeugen berichten, gehen Socken paarweise in die Waschmaschine und kehren alleine zurück.
Wohin aber treibt es die verlorenen Falken? Schwirren sie ziellos im Universum umher? Landen sie auf einem Planeten, dessen Bewohner sich wundern, woher all die Socken kommen? Selbst die Hypothese, die CIA sauge schmutzige Socken für DNA-Analysen ab, ist bis heute unbestätigt. Möglich auch die  Flucht ins „Restaurant zum Socken“ im 12. Wiener Gemeindebezirk, einem Asylheim für missbrauchte Socken, die in stark verschmutztem oder löchrigem Zustand arbeiten oder, noch schlimmer, sich sommers Sandalen andienen müssen.
Auch die Trennung auf Zeit, die manche Sockenpaare in Beziehungskrisen beschliessen, endet häufig in einer Trennung auf Dauer. Socken ade, scheiden tut weh! Welch‘ Tragik! Welch‘ trauriges Schicksal! Denn was für den Menschen gilt, gilt erst recht für den Socken: Er braucht einen zweiten um glücklich zu sein! Deshalb ist es unsere moralische Pflicht, ihm zu einer neuen Beziehung zu verhelfen. Aber hier stellen sich essentielle Fragen: Kann der verlassene Socken grundsätzlich mit einem neuen Partner zusammengebracht werden? Wie lange muss zuvor die Trennung gedauert haben, damit der neue Partner eine Chance hat? Sollte der getrennte Socken doch wieder auftauchen, besteht die Gefahr, dass die alte Liebe wieder aufflammt?  Dürfen die getrennten Sockepaare im selben Wäschekorb auf den Waschgang warten? Oder ist es besser, wenn sie sich nicht einmal mehr riechen können?
Lassen wir das Hirschferkel in der Savanne weitergrasen. Lassen wir Hosen und Handschuhe sein. Freuen wir uns stattdessen zum Schluss mit Goethe über das glückliche Wiederfinden aller Socken:


Ist es möglich, ihr zwei Socken   
Drück wieder ich Euch an den Fuss
Ach, was war die Zeit des Lockens
Für ein Abgrund,  ein Verdruss!
Ja, ihr seid es! Meiner Freuden  
süsse liebe Socken mein
Eingedenk vergang‘ner Leiden,
Schliess ich Euch im Kasten ein!

Stumm war alles, öd und stille
Einsam Sock‘ zum ersten Mal
War‘s, war‘s nicht sein grösster Wille
war‘s, war‘s nicht die grösste Qual?
So vereinsamt, so verblieben
kein erfreuend‘ Paargespiel
Endlich kann nun wieder lieben
Was einst auseinanderfiel!

(Eva Sattler-Büchner, Rhetorik Club Zürich, Rede gehalten am 10.10 2013) 

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